Eins ist sicher: Ohne die unnachahmliche Fähigkeit der Menschen für Humor würde es wohl keine Karikaturen und Comics geben. Die Fähigkeit zu lachen vereint die Menschen über Länder- und Kontinentgrenzen hinweg. Karikaturisten sind wie Sensoren. Sie erspüren die Themen, die den Nerv der Zeit treffen, bündeln sie mit viel Sensibilität und lassen sie, durch ihre Blicke und Hände neu und präzise formuliert, sichtbar werden. Dazu gehört eine Menge Mut, nicht nur in Afrika, und ein vernetzender Geist in einer mehr und mehr vernetzten Welt. Denn durch ihr Metier sind sie häufig davon bedroht, unter das Beil der Zensur zu fallen. Und das, weil sie die grandiose Fähigkeit besitzen, Menschen zum Lachen zu bringen und aufzurütteln.
Lachen verbindet die Menschen
Alle Menschen vereint also die Fähigkeit zu lachen, auch wenn wir nicht immer über dasselbe lachen. Ein guter Witz oder eine lustige Geschichte schafft und verbindet Gleichgesinnte und kann im Konfliktfall eine Situation entspannen. Nicht nur im „small talk“ auch in Gesprächen auf hoher politischer Ebene hat gemeinsames Lachen oft schneller Wege zur Annäherung aufgetan, als nüchterne Erläuterungen und damit schon so manche (un)geahnte Konfrontation abgewendet.
Wer bereits mal selbst im häufig als arm und zerrüttet dargestellten Afrika war, wird festgestellt haben, dass die Menschen dort gern und häufig lachen; dass Humor gar eine nicht wegzudenkende Umgangsform darstellt. Vermutlich deshalb, weil Zeitdruck und Konsumorientiertheit dort (noch) weniger im Vordergrund stehen, als das zwischenmenschliche Gespräch und Zeit für einander.
Lachen trennt – Wer lacht hat die Macht
Lachen ist aber auch ein Zeichen für das Beherrschen einer Situation. Lachen ist das Synonym für Überlegenheit. Wer kennt nicht die deutsche Redewendung: „Wir werden noch sehen, wer zuletzt lacht!“ und „Wer zuletzt lacht, lacht am besten“. Der europäische Karneval ist historisch als das Fest des Lachens entstanden, des sanktionierten Verlachens der Mächtigen durch die Machtlosen.
Genauso existierten bzw. existieren in Afrika seit alters her mündliche Formen der Lachkultur wie Spottlieder und -gedichte, Redewendungen sowie Tänze mit entsprechenden Kostümen. Bei Festen, aber auch traditionell bei Gerichtstagen waren ausschlaggebend für einen guten Redner neben Intelligenz vor allem Sprachgewandtheit und Humor. Die z.B. auf Zanzibar verbreitete sehr populäre Liedform des Taarab dient bis heute dazu u.a. brisante politische Themen, Missstände oder Rivalitäten auf höchst künstlerische Weise im Spottversgesang auszutragen.
Auch bei der Bewältigung von Trauer, spielt das Lachen in vielen Teilen Afrikas eine große Rolle. In Zentralafrika sitzen die Trauergäste über mehrere Tage beisammen und es herrscht hier der Brauch, sich lustige Begebenheiten aus dem Leben des Verstorbenen zu erzählen, da man ihm damit am würdevollsten gedenkt und den Schmerz über den Verlust lindert.
Lachen als Waffe im Widerstand gegen alltägliche Missstände und Diktaturen
Hart bis zur Ungerechtigkeit geht man jetzt mit der Obrigkeit ins Gericht. Früher schimpfte man über die Verhältnisse und erhob allgemeine Selbstanklage. Die Afrikaner von heute nehmen kein Blatt vor den Mund und zeigen direkt auf die Verantwortlichen, sei es im eigenen Lande oder außerhalb. Dabei werden von afrikanischen Karikaturisten oft ganz ähnliche Problemen angeprangert, wie anderswo in der Welt: heuchlerische Politik, Unterdrückung der Meinungsfreiheit, Machtmissbrauch, usw.
Karikatur als ein neues Medium in Afrika kann heutzutage über die tägliche Presse ein breites Publikum, vor allem in den Städten, schnell und themenaktuell erreichen. Mit Enthusiasmus eroberten sich afrikanische Journalisten mit scharfer Feder die Karikaturzeichnung und integrierten sie in herkömmliche Widerstandsformen. Satirezeitschriften wie das Journal du Jeudi Hebdromedaire Burkinabé, herausgegeben in Burkina Faso, sind sehr beliebt und stark im Kommen. Im Visier der Karikaturisten finden wir ähnliche lokale und globale Topics wie bei uns: Demokratieverständnis, Korruption, Geschlechter-Ungleichheiten, Folgen von Globalisierung sowie soziale Missstände wie Armut, Mangelwirtschaft und kriegerische Konflikte. Karikaturen in Afrika sind heute ein wichtiges Medium auch bei der Gesundheitserziehung im Bereich der Aidsaufklärung. Ebenso reflektieren sie oft brandaktuelle Reaktionen auf internationale Ereignisse.
Im zweischneidigen Prozess der Globalisierung und des permanenten internationalen Kulturtransfers werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Kulturen zunehmend über dieselben Referenz-Systeme (TV, Zeitungen, Radio, Internet) transportiert. Es bestünde also die Möglichkeit, dass Kommunikation auf gemeinsamer intellektueller, symbolischer und mentaler Ebene von mehr und mehr Menschen, auch in Afrika, gemeinsam geführt werden könnte, ohne die heute eine gemeinsame Verantwortung für eine Zukunft unserer Welt nicht mehr abzusichern ist.
Karikaturen kann man wohl unter allen Kunstgattungen am wenigsten beschreiben, man muss sie einfach selbst betrachten, auf sich wirken lassen, um sich ihre symbolische, mentale und intellektuelle Ebene zu erschließen.
Lasst uns nun in die Welt des Humors eintauchen und lasst uns gemeinsam lachen!
© Konzeption der Ausstellungen und Texte: Dr. Maria Németh und Vera Thümmel, Dialog International - Fördergemeinschaft für demokratische Friedens-Entwicklung e.V. - Projektgruppe Kultur und Bildung